Short Stories | No. 4 // Umgebung

Mittwoch, 4. Juni 2014

Im April haben Bine und Andrea in ihren Short Stories nach unserer Umgebung gefragt. Da hab' ich dann schon ein bisschen überlegt, wo ich anfangen soll und was Umgebung eigentlich für mich ist.

Momentan umgibt mich ein kleines (Umzugskisten-)Chaos ... in unserer 2-Zimmer-Küche-Bad-Wohnung ... irgendwo in Barmbek ... in Hamburg ... in Deutschland ... auf der Erde ... Erst Ende Februar bin ich von Stuttgart in den hohen Norden gezogen, was mir nicht sonderlich schwer fiel, weil ich in Stuttgart nie wirklich angekommen bin, vielleicht auch nie wirklich ankommen wollte. Und das hatte nicht zuletzt mit meiner Umgebung zu tun. Die Wohnung dort war nett, die Gegend okay, die Lage super, aber die Tatsache, dass es eine WG war, hat irgendwie nicht zu mir gepasst - auch wenn ich's mir anfangs versucht habe einzureden. Viele meiner Freunde haben es bedauert, dass ich fast nie ein Wochenende in der Schwabenmetropole geblieben bin, aber so wohl ich mich in meinem kleinen Zimmerchen gefühlt habe, insgesamt hat irgendwas gefehlt.

Kurz bevor ich nach sechseinhalb Jahren (!) die 700 Kilometer in den Norden gezogen bin, wurde ich dann aber doch sentimental und hab' erstmal gemerkt, wie viele schöne Ecken es in Stuttgart gibt. Vor allem, wurde mir bewusst, was ich in all der Zeit alles nicht gemacht habe: Ich war nie in der Wilhelma, hab' nie am Neckarstrand gelegen und war nie im Mercedes-Benz-Museum. Wenn das das einzige wäre, würde ich einfach mal wieder für ein verlängertes Wochenende Freunde besuchen und diese drei Dinge nachholen - aber das ist ja nur die Spitze des Eisbergs. Als ich 2007 nach Stuttgart gezogen bin, habe ich viele Stadtspaziergänge gemacht und es hat mir gut gefallen. Irgendwann geriet das alles in Vergessenheit und dann, als ich wirklich gegangen bin, fiel mir das alles wieder ein und ich fing an, es zu vermissen. Für mich war Stuttgart immer irgendwie ein großes Dorf und auch wenn ich es nie von Herzen lieben gelernt habe, mochte ich es doch sehr gerne.



Hamburg ist damit überhaupt nicht zu vergleichen. Die beiden Hauptargumente meines Freundes, die mich dazu bringen sollen zu ihm in den Norden zu ziehen, waren (1.) "Hamburg ist einfach toll, die schönste Stadt der Welt!" und (2.) "Im Jahresdurchschnitt regnet's hier zwar öfter, aber viel weniger als in Stuttgart." Irgendwie scheint das ja funktioniert zu haben, denn wenn nicht der Liebe wegen, ich weiß nicht, ob ich allein auf die Idee gekommen wäre, jemals nach Hamburg zu ziehen. Aber ich muss zugeben, es ist ganz gut. Ja, ich weiß, viele träumen davon in Hamburg zu leben und würden an dieser Stelle vielleicht etwas mehr Euphorie erwarten, aber so weit bin ich noch nicht.

Bisher allerdings muss ich zugeben, dass Hamburg mich positiv überrascht hat - zumindest weitgehend. Keine fünf Minuten von uns fährt die U-Bahn und sie hält wieder kaum fünf Minuten von meiner Arbeit entfernt. Die wiederum ist gegenüber der Speicherstadt, also gigantisch gelegen. Ich bin super schnell in der HafenCity, aber auch der Innenstadt - endlich kann ich einfach mal in der Mittagspause kurz einkaufen gehen, mich in einem Café mit 'ner Freundin treffen oder einfach nur gemütlich am Wasser sitzen und die Sonne genießen. Das ging so in Stuttgart nicht, denn ich hab' etwas außerhalb in einem Gewerbe- oder eher Mischgebiet gearbeitet und da gab's nicht wirklich viele Möglichkeiten die Mittagspause zu gestalten, geschweige denn kurz wo anders einkaufen zu gehen als im Marktkauf.

Hamburg ist außerdem ziemlich weitläufig, eben eine Flächenstadt. Es gibt zwar eine Innenstadt (mit Mönkebergstraße, Rathausmarkt, Jungfernstieg, Binnenalster, ...), drum herum aber gruppieren sich viele kleine Stadtzentren, die die Stadt etwas entzerren. Zugegeben, ich mag die Innenstadt, auch wenn sie immer sehr voll und trubelig ist, aber gerade wenn man es selbst nicht eilig hat, ist es einfach toll. Allerdings mag ich auch die kleinen Stadtteilzentren, weil sie einen doch eher mal Luft holen lassen und vor allem zum Teil sehr unterschiedlich sind. Langweilig wird es in Hamburg auch nie, egal wo man hinschaut, man findet immer irgendwo ein Plakat, das von der nächsten Veranstaltung erzählt. Besonders schön finde ich die Stadtteilfeste und wenn man bedenkt, dass Hamburg etwa 104 Stadtteile hat (je nach Quelle schwankt die Anzahl und ich hab' noch nicht ganz rausgefunden, was stimmt), müsste es ja auch jedes Wochenende zwei Feste geben - ist das nicht toll?! :o)

Es gibt bestimmt noch viel Tolles in Hamburg zu entdecken und erleben, aber da bin ich ja noch dran und im Moment kenne ich nur einen ganz winzigen Bruchteil und den wahrscheinlich noch nicht mal gut. Also kann es ja nur besser werden. Insgeheim aber - und das ist nicht wirklich eine Entscheidung gegen Hamburg, sondern eher für etwas anders - schlägt mein Herz für meine hessische Heimat. Irgendwo zwischen Taunus und Westerwald ganz nah beim bischöflich skandalösen Limburg an der Lahn (wo ich geboren wurde), liegt die kleine Gemeinde Hünfelden. Ein Teil davon ist Nauheim (nicht zu verwechseln mit dem bei Groß-Gerau) und in diesem kaum 900 Einwohner zählenden Dörfchen bin ich aufgewachsen. Und ganz ehrlich: Es war toll!



Ich bin voll und ganz ein Kind vom Dorf und ich mag das. Ob dieser Tatsache bin ich immer wieder erstaunt, wie gut ich mich in der Stadt schlage, aber für immer kann ich mir das - im Moment zumindest - nicht vorstellen. In meiner Heimat gibt es viele "goldene" Felder (deshalb auch "Goldener Grund"), Wälder, Wiesen, Freiheit ... auch wenn man ohne Auto doch etwas aufgeschmissen wäre. Ich mag das Weitläufige (anders weitläufig als in Hamburg), die Ruhe, ich mag auch irgendwie den Klatsch und Tratsch, die kurzen Wege, die Gespräche mitten auf der Straße, die spießigen Einfamilienhäuser, ... all das und noch viel mehr mag ich sehr und vermisse ich mindestens genauso viel.

Das soll nicht bedeuten, dass es schlimm für mich ist, in Hamburg zu leben - das ist es nicht. Aber ein großes Stück meines Herzens wird immer in meiner Heimat sein, in dem kleinen Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, bei all meinen Kindheitserinnerungen und vor allem bei meiner Familie. Für mich macht nämlich nicht nur der Ort und die Dinge, die um mich rum sind, die Umgebung aus, ganz wichtig sind auch die Menschen - und dann ist es eigentlich fast egal, ob im urigen, kleinen Dorf oder in der trubeligen, großen Stadt.

Ich könnte noch viel über mein Heimatdorf erzählen und würde es auch gern tun, aber schnell wird aus meiner Short Story eine unheimlich lange. Außerdem ist mein Heimatdorf so toll, dass ich ihm ruhig mal einen eigenen Post widmen könnte!

PS: Es tut mir ganz arg leid, dass ich euch weder Fotos von Stuttgart oder Hamburg noch von Nauheim zeige. Durch den Umzug sind die meisten allerdings noch in den oben erwähnten Kisten versteckt und der Kurztrip nach Stuttgart oder Nauheim, um neue zu machen, lässt leider noch ein wenig auf sich warten. Aber heute ging's ja auch um die Geschichte selbst, morgen gibt's dann wieder eine ganze Menge Fotos. Aber weil ich mir denken kann, dass euch die anderen Fotos auch interessieren, werde ich bei Gelegenheit (wenn ich es endlich mal geschafft habe, die letzten Kisten auszuräumen) noch ein paar für euch raussuchen - wäre ja schade, wenn nicht :o)

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